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Kann man von diesem Arbeitslosengeld leben?

Eine halbe Million Menschen sucht Arbeit. Die Regierung beschließt eine einmalige Erhöhung des Arbeitslosengeldes um pauschale 450 Euro, aufgeteilt auf 3 x 150 Euro. Das hilft ausgerechnet jenen nicht, die die Corona-Krise am härtesten trifft.

Etwa 470.000 Menschen sind derzeit in Österreich arbeitslos. Ihr durchschnittliches Arbeitslosengeld liegt bei rund 30 Euro am Tag, das sind ca. 900 Euro im Monat – oft ist es auch weit darunter.



Der durchschnittliche Bezug ist auch deshalb so niedrig, weil in der Corona-Krise vor allem Menschen ihren Job verloren haben, die ohnehin schon wenig verdient haben: Jobs wurden vor allem in der Gastronomie, im Handel und im Baugewerbe gestrichen. Auch viele Reinigungskräfte haben ihr Einkommen verloren.

Das Durchschnittseinkommen am Bau und im Handel liegt bei rund 1.500 Euro, im Tourismus und der Gastronomie überhaupt nur bei 750 Euro, wie das Moment Institut errechnet hat. Diese Menschen haben schon Geldsorgen, wenn sie Arbeit haben – wenn sie die Arbeit verlieren, reichen 55 % des letzten Einkommens bei weitem nicht mehr aus, um die wichtigsten Kosten des Lebens abzudecken.

Bei 1.500 Euro netto Letzteinkommen bleibt ein Arbeitslosengeld von etwa 825 Euro übrig. Davon ist es schwer, die Miete, das Essen und Reparaturen zu bezahlen oder gar Kreditraten auf die Wohnung oder das Haus. Und die Lage ist derzeit aussichtslos: Am Arbeitsmarkt tauchen wenige offene Stellen auf.
Auf 517.000 Arbeitslose kommen nur 57.600 offene Stellen. Nur jeder Zehnte kann also momentan auch nur theoretisch eine neue Stelle finden.

ARBEITSLOSENGELD IN ÖSTERREICH AUSSERGEWÖHNLICH NIEDRIG

Seit Ende März fordern Gewerkschaft, SPÖ, FPÖ und Arbeitsmarkt-Experten daher die Erhöhung des Arbeitslosengelds auf 70 Prozent des letzten Einkommens. Denn von 900 Euro oder weniger im Monat kann niemand leben – besonders dann nicht, wenn die Arbeitslosigkeit völlig unvorhergesehen auf einen zukommt, wie es in der Corona-Krise bei vielen der Fall war.

Andere europäische Staaten, wie die Schweiz (79%), Portugal (76%), Dänemark (74%) oder die Niederlande (74%), haben deutlich höhere Nettoersatzraten.

„Die niedrige Rate von 55 Prozent in Österreich stammt aus einer Zeit der Vollbeschäftigung, als Menschen nur sehr kurz arbeitslos waren. Für längere Phasen der Arbeitslosigkeit ist der Satz zu niedrig“, sagt AMS-Vorstand Dr. Herbert Buchinger.

EINMALZAHLUNG FÄLLT FÜR GERINGVERDIENER AUS

Statt der Erhöhung des Arbeitslosengeldes hat die Regierung aber jetzt eine Einmalzahlung für Arbeitslose von 450 Euro in Aussicht gestellt. Für viele ist das aber nicht einmal mehr als nichts:

Wer weniger Arbeitslosengeld als die existenzsichernde Grenze von 917,35 Euro bekommt, hat Anspruch auf Sozialhilfe in Höhe der Differenz.

Wer also ohnehin schon weniger als 917 Euro erhält, kann mit Sozialhilfe auf diesen Betrag aufstocken. Das Problem: Die Einmalzahlung verringert entsprechend die Sozialhilfe. Wer also alleinstehend ist und vor der Corona-Krise 1.200€ netto im Monat verdient hat und jetzt arbeitslos ist, bekommt 660 Euro Arbeitslosengeld und 257,35 Euro Sozialhilfe. Wenn die Betroffenen mit 660 Euro Arbeitslosengeld nun die Einmalzahlung auf 3 Monate verteilt erhalten – wie die Regierung das plant –, bleibt das Arbeitslosengeld in Summe bei 917 Euro monatlich, wie Wiens Sozial-Landesrat Peter Hacker vorrechnet.

Bekommt der Betroffene 150 Euro Corona-Erhöhung pro Monat, verringert sich lediglich der Sozialhilfe-Zuschuss auf 107, 35 Euro. Am Ende kommt also so oder so 917,35 Euro aufs Konto. Der einzige Unterschied: Der Betrag kommt aus einem anderen Topf.

Auf diese Problematik haben am Sonntag die SPÖ-Soziallandesräte hingewiesen. Sie fordern eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des letzten Einkommens.

„Die Einmalzahlung kommt nicht an. Arbeitslose brauchen eine monatliche Erhöhung, um nicht weiter in die Armut abzurutschen.“

9 VON 10 CORONA-ARBEITSLOSEN SIND ARBEITER

Das niedrige Arbeitslosengeld schlägt ungleich zu: Denn die Corona-Arbeitslosigkeit trifft vor allem Arbeiter, Leiharbeiter und Menschen mit Lehrabschluss, wie jüngst eine WIFO-Studie festgestellt hat. Kaum betroffen sind dagegen Akademiker und Angestellte. Sie profitieren von Homeoffice und Kurzarbeit, wie der Arbeitsrechtler Martin Risak erklärt.

Im April haben laut der Wifo-Studie 12% der Arbeiter ihren Job verloren, aber nur 0,8 Prozent der Angestellten und Beamten. 9 von 10 der verlorenen Jobs trafen Arbeiterinnen und Arbeiter. Das liegt zum einen am deutlich schlechteren Kündigungsschutz für Arbeiter: Während Angestellte eine Kündigungsfrist von mindestens sechs Wochen haben, können Arbeiter innerhalb von 14 Tagen gekündigt werden. In manchen Branchen, wie etwa der Baubranche, beträgt die Kündigungsfrist in einigen Fällen sogar nur fünf Tage.

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